Effektive Maßnahmen gegen Hitze am Arbeitsplatz | Arbeitssicherheit im Sommer
Lange haben wir ihn ersehnt und nun ist er endlich angekommen: der Sommer. Während diese Jahreszeit für viele, die sich im Urlaub oder in den Ferien befinden, die schönste Zeit des Jahres darstellt, kann sie für diejenigen, die arbeiten müssen, schnell zur Belastung werden. Die Hitzerekorde in unseren Breiten klettern immer weiter nach oben und dies wirft so einige wichtige Fragen auf: Welche Auswirkungen hat die steigende Hitze auf unsere Arbeitsplätze und welche Maßnahmen können ergriffen werden, um die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bestmöglich zu gewährleisten?
Die steigenden Temperaturen werden nach aktuellen Modellen zukünftig auch in Deutschland immer häufiger und immer intensiver. Am Arbeitsplatz bestehen allerdings selbst bei fast tropischen Bedingungen bislang kaum Rechte auf eine Auszeit. Gleichzeitig gilt die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber*innen: Sie müssen auf das heiße Wetter reagieren – eine Anforderung, die sich direkt aus dem Arbeitsschutzrecht, der Arbeitsstättenverordnung und der allgemeinen Fürsorgepflicht ableitet. Doch wie genau sieht das im Arbeitsalltag aus?
Sommerliche Wärme und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsplatz
Die Zunahme von heißen Tagen, die durch Temperaturen von mindestens +30 Grad Celsius definiert sind, führt bisweilen zu einer erheblichen Belastung an vielen Arbeitsplätzen. Extreme Temperaturen haben zwar keinen direkten Einfluss auf die sogenannte „Hitzearbeit“, aber sie wirken sich erheblich auf das Innenraumklima aus, was die Arbeitsbedingungen verschärfen kann.
Unternehmen müssen sich daher darauf vorbereiten, die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten insbesondere bei außergewöhnlich hohen Temperaturen in Zukunft zum Beispiel bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Arbeitsschutzkonzepten mehr und mehr zu berücksichtigen. Ein Maßnahmenkonzept für heiße Tage im Sommer ist daher unerlässlich und sollte in Zusammenarbeit mit Arbeitssicherheitsexpertinnen und Betriebsärzt*innen erstellt werden. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Unterscheidung von sogenannten “klimabelasteten Arbeitsplätzen” und Hitzearbeit.
Unterschied zwischen Hitzearbeit und klimabelasteten Arbeitsplätzen
Hitzearbeit umfasst Tätigkeiten, die unter extremer Hitzebelastung durchgeführt werden und zu einem signifikanten Anstieg der Körperkerntemperatur führen können. Es handelt sich bei Hitzearbeit also um Arbeitsplätze, die qua auszuführender Tätigkeit mit besonders hohen Temperaturen verbunden sind. Beispiele hierfür sind Arbeiten in Gießereien oder an Thermoprozessanlagen. Solche Arbeitsplätze erfordern spezielle Schutzmaßnahmen und regelmäßige medizinische Vorsorgeuntersuchungen, um die Gesundheit der Beschäftigten zu kontrollieren.
Klimabelastete Arbeitsplätze hingegen sind Arbeitsplätze wie Büros oder Lagerhallen, die in der Regel keine dauerhaft hohe Wärmebelastung erfahren und meist jahreszeitlich bedingt ist. An diesen Arbeitsplätzen ist es wichtig, Maßnahmen wie Sonnenschutzvorrichtungen und verstärkte Lüftung zu ergreifen, um die Raumtemperatur zu regulieren und ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen.
Schutzmaßnahmen an klimabelasteten Arbeitsplätzen
Um sicherzustellen, dass die Raumtemperaturen in Arbeitsräumen bei sommerlicher Wärme nicht über +26 Grad Celsius steigen, können u.a. folgende Maßnahmen helfen:
- Sonnenschutzvorrichtungen: Verhindern, dass direkte Sonneneinstrahlung die Raumtemperatur erhöht.
- Verstärkte Lüftung: Besonders in den kühleren Nacht- und Morgenstunden lüften.
- Erhöhte Flüssigkeitsaufnahme: Bereitstellen geeigneter Getränke für die Beschäftigten wie Mineralwasser oder isotonische Getränke, um eine ausreichende Hydrierung zu gewährleisten.
- Gleitzeitregelungen: Je nach betrieblicher Möglichkeit flexible Arbeitszeiten einführen, um den heißesten Stunden des Tages auszuweichen und somit die Belastung zu reduzieren.
Wärmebelastete Arbeitsplätze und zusätzliche Maßnahmen
Wärmebelastete Arbeitsplätze, wie in Großwäschereien oder Küchen, können in den Sommermonaten zusätzlich durch äußere Wärme belastet werden. Hier sind spezielle Schutzmaßnahmen notwendig, um die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen:
- Regelmäßige Pausen in kühlen Bereichen: Um eine Überhitzung zu vermeiden und den Körper abzukühlen.
- Angepasste Kleidung: Falls es die betrieblichen Rahmenbedingungen ermöglichen, kann leichte, atmungsaktive Kleidung helfen, die Körpertemperatur zu regulieren und Hitzestau zu vermeiden.
- Luftfeuchtigkeitskontrolle: Eine regelmäßige Kontrolle der Luftfeuchtigkeit ist wichtig, da hohe Luftfeuchtigkeit die Belastung durch Hitze verstärken kann.
Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung bei Hitze
Die Fürsorgepflicht von Arbeitgeber*innen bei Hitze wird durch die Arbeitsstättenregel „ASR A3.5 Raumtemperatur“ in Verbindung mit der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) konkretisiert. Die ASR formuliert Mindestanforderungen an die Maßnahmen, die von Arbeitgeber*innen zur Erhaltung einer erträglichen Raumtemperatur am Arbeitsplatz ergriffen werden müssen.
ASR haben Empfehlungscharakter
Die ASR (“Technische Regeln für Arbeitsstätten” oder auch “Arbeitsstättenregeln”) haben insgesamt lediglich Empfehlungscharakter und sind nicht unmittelbar rechtsverbindlich. Sie bieten dem Arbeitgeber jedoch einen Gestaltungsspielraum basierend auf aktuellen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen und konkretisieren den Arbeitsschutz entsprechend der ArbStättV. In der Praxis orientieren sich Behörden und Gerichte häufig an den Vorgaben der ASR.
Unterschiedliche Temperaturbegriffe der ASR
Seit März 2022 enthalten die ASR unter “A3.5 Raumtemperatur” erweiterte Vorgaben zu den zu ergreifenden Maßnahmen bei Sommerhitze. Die ASR A3.5 arbeitet dabei mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten zur Temperatur und definiert dabei u.a.:
- Raumtemperatur: Die von Menschen empfundene Temperatur, die durch Lufttemperatur und die Temperatur der umgebenden Flächen bestimmt wird.
- Lufttemperatur: Die Temperatur der den Menschen umgebenden Luft ohne Einwirkung von Wärmestrahlung.
- Klimasummenmaß: Eine Zusammenfassung von Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwindigkeit, Wärmestrahlung und weiteren Klimagrößen.
Die Temperaturgrenzwerte der ASR
Die ASR nennen verschiedene Temperaturgrenzwerte, die der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht zu beachten hat:
- Bei Erreichen einer Raumtemperatur von +26 Grad Celsius am Arbeitsplatz soll der Arbeitgeber tätig werden.
- Bei Raumtemperaturen über +30 Grad Celsius muss er tätig werden. Die ASR nennt Maßnahmen wie das Herunterlassen von Rollos, die Lüftung der Räume über Nacht, das Anbieten von Getränken, früherer Arbeitsbeginn und die Nutzung von Ventilatoren. Eine Verpflichtung zur Bereitstellung einer Klimaanlage besteht jedoch nicht.
- Bei Temperaturen über +35 Grad Celsius ist der Arbeitsplatz laut ASR A3.5 nicht mehr als geeignet anzusehen. Technische und organisatorische Maßnahmen wie Luftduschen, Entwärmungsphasen oder die Bereitstellung von Hitzeschutzkleidung sind dann obligatorisch.
Sondervorschriften für Baustellen und Bergbau
Die ASR A3.5 sieht bei hohen Lufttemperaturen von über +30 Grad Celsius auf Baustellen besondere Maßnahmen vor, wie die Einrichtung von Sonnensegeln, längere Mittagspausen und kühle Getränke. Ähnliches gilt für andere Arbeiten im Freien, wie bei Dachdecker*innen und Gärtner*innen. Im Bergbau werden zusätzliche bezahlte Pausen von 10 Minuten bei Effektivtemperaturen von 29-30°C und von 20 Minuten bei mehr als 30°C vorgeschlagen.
Sonderfall Home-Office
Bei übermäßiger Hitze im Home-Office ist zu unterscheiden: Handelt es sich um Telearbeit, so hat der Arbeitgeber den Arbeitsplatz eingerichtet und ist für den Arbeitsschutz und damit auch für die richtige Temperatur verantwortlich. Im Fall des mobilen Arbeitens darf der Arbeitnehmer selbst entscheiden, an welchem Ort er seine Tätigkeit verrichtet und ist somit auch für die Temperatur selbst verantwortlich. Diese Unterscheidung ist insbesondere bei Tätigkeiten im öffentlichen Dienst von Relevanz.
Praktische Hilfen gegen Hitze
Nach dem Arbeitsschutzgesetz hat der Arbeitgeber die Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz durchzuführen. Bestehende Gefahren müssen im Rahmen dessen beseitigt bzw. entsprechende Maßnahmen zur bestmöglichen Reduktion von Gefahren ergriffen werden. Arbeitgeber*innen sollten – auch jenseits der gesetzlichen Vorgaben – Ventilatoren oder Klimageräte einsetzen und dafür sorgen, dass den Mitarbeiter*innen genügend Getränke wie Mineralwasser oder Fruchtsäfte zur Verfügung stehen.
Hier noch ein paar praktische Tipps für Arbeitnehmer*innen:
- Früh morgens lüften und tagsüber Jalousien schließen: Hält die Räume kühler.
- Kaltes Wasser über die Handgelenke laufen lassen: Schnelle Abkühlung für den Körper.
- Leichte, luftige Kleidung tragen: Reduziert die Gefahr für Hitzestaus im Körper.
- Viel trinken: Bevorzugt Mineralwasser, isotonische Getränke oder Fruchtsäfte, um den Flüssigkeits- und Mineralstoffverlust auszugleichen.
- Leichtes Essen bevorzugen: Vermeidet zusätzliche Belastung des Kreislaufs.
Fazit
Die sommerliche Hitze stellt besondere Herausforderungen für den Arbeitsschutz dar. Es ist daher entscheidend, dass Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen idealerweise gemeinsam Maßnahmen ergreifen, um die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz auch bei extremen Temperaturen zu gewährleisten. Durch geeignete Schutzmaßnahmen, flexible Arbeitszeitregelungen und eine sorgfältige Planung können die sommerlichen Belastungen am Arbeitsplatz durch hohe Temperaturen mitunter erheblich reduziert werden. Ein proaktives Vorgehen und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sind hierbei super hilfreich, ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen und aufrecht zu erhalten – auch an den heißesten Tagen des Jahres.
FAQs
Welche Temperatur ist am Arbeitsplatz laut Arbeitsrecht zulässig?
Laut Arbeitsstättenverordnung soll die Raumtemperatur am Arbeitsplatz +26 Grad Celsius nicht überschreiten. Bei Temperaturen über +30 Grad Celsius muss der Arbeitgeber Maßnahmen wie Rollos, Lüftung und Bereitstellung von Getränken ergreifen.
Welche Vorgaben macht die Arbeitsstättenverordnung bei Hitze?
Die Arbeitsstättenverordnung in Verbindung mit der ASR A3.5 Raumtemperatur fordert, dass Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, um eine erträgliche Raumtemperatur zu gewährleisten. Bei Temperaturen über +35 Grad Celsius gilt der Arbeitsplatz als ungeeignet und es müssen zusätzliche Schutzmaßnahmen getroffen werden.
Was umfasst die Gefährdungsbeurteilung bei Hitze am Arbeitsplatz?
Eine Gefährdungsbeurteilung bei Hitze am Arbeitsplatz umfasst die Bewertung der Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit und anderer klimatischer Bedingungen. Der Arbeitgeber muss Maßnahmen wie Lüftung, Sonnenschutz und Bereitstellung von Getränken einleiten, um die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.
Welche Maßnahmen sind bei Arbeiten auf der Baustelle bei Hitze zu beachten?
Bei hohen Temperaturen auf der Baustelle sieht die ASR A3.5 Maßnahmen wie die Einrichtung von Sonnensegeln, längere Pausen und kühle Getränke vor. Diese Maßnahmen helfen, die Belastung durch Hitze zu reduzieren und die Sicherheit der Arbeiter zu gewährleisten.