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Gefahrstoffverordnung 2024: Was die Änderungen für den Arbeitsschutz bedeuten

Die kürzlich verabschiedete Änderung der Gefahrstoffverordnung sorgt in der Bauwirtschaft für intensive Diskussionen. Vor allem die Streichung der Erkundungspflicht bei Gebäudesanierungen hat viele aufgebracht, da diese Änderung potenziell die Gesundheit von Bauarbeiterinnen und Bauarbeitern gefährden könnte. Was bedeutet das für Unternehmen, die im Baugewerbe tätig sind und welche langfristigen Folgen könnte diese Entscheidung haben? Im folgenden Artikel werfen wir einen tieferen Blick in die aktuellen Änderungen, die Kontroversen und die möglichen Konsequenzen.

Was hat sich an der Gefahrstoffverordnung geändert?

Am 21. August 2024 wurde die novellierte Gefahrstoffverordnung verabschiedet und eine der zentralen Änderungen betrifft die Streichung der Erkundungspflicht für Bauherren bei Sanierungsarbeiten. Doch was heißt das? Vor der gesetzlichen Änderung der Gefahrstoffverordnung war es die Aufgabe der Bauherren, vor Beginn einer Sanierung zu überprüfen, ob potenziell gefährliche Stoffe wie Asbest auf der Baustelle bzw. im Bauobjekt vorhanden sind. Mit der neuen Verordnung wird diese Verantwortung nun vollständig auf die bauausführenden Unternehmen übertragen. Das bedeutet, dass die Baufirmen selbst sicherstellen müssen, ob Gefahrstoffe wie Asbest auf der Baustelle vorhanden sind, bevor sie mit der Arbeit beginnen.

Diese Änderung führt zu großer Kritik, da viele Bauunternehmen schlichtweg nicht über das dafür nötige Fachwissen oder die technische Ausrüstung verfügen, um eine fundierte Gefahrstoffprüfung durchzuführen. Insbesondere kleinere Betriebe werden hierdurch in Zukunft mutmaßlich in Situationen geraten, in denen sie die Risiken auf Baustellen nicht richtig einschätzen können, was sowohl das Unternehmen als auch die Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter sowie letztlich auch diejenigen in Gefahr bringen könnte, die später in den fertiggestellten Bauten über längere Zeiten hinweg arbeiten und leben werden​. Ein Beispiel hierfür, welches uns bis heute beschäftigt, ist Asbest.

 

Die unsichtbare Gefahr von Asbest

Asbest ist ein mineralisches Material, das bis in die 1990er Jahre weit verbreitet in Baumaterialien verwendet wurde. Obwohl es inzwischen verboten ist, ist Asbest in vielen älteren Gebäuden weiterhin präsent. Das Problem: Sobald Asbestfasern freigesetzt werden – beispielsweise durch Abrissarbeiten –, gelangen sie über die Atemwege in die Lunge, wo sie schwere Krankheiten wie Lungenkrebs oder das oft tödliche Mesotheliom verursachen können. Die gefährlichen Fasern bleiben lange Zeit unsichtbar und werden erst dann freigesetzt, wenn Baumaßnahmen den asbesthaltigen Baustoff beschädigen.

Statistiken zeigen, dass in Deutschland jedes Jahr etwa 1.500 Menschen an den Folgen von Asbestexposition sterben. Diese Zahl verdeutlicht, wie gravierend die Gefahr ist, der Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter ausgesetzt sind. Eine fehlerhafte Einschätzung der Situation auf der Baustelle aufgrund mangelnder technischer Ausrüstung oder fehlender Fachkompetenz kann daher verheerende irreversible gesundheitliche Folgen haben​.

Praktisches Beispiel: Risiken bei der Sanierung alter Gebäude

Stell dir ein Bauunternehmen vor, das beauftragt wird, eine alte Schule zu sanieren, die in den 1970er Jahren gebaut wurde. Vor der Verordnung hätte der Bauherr sicherstellen müssen, dass keine Gefahrstoffe wie Asbest vorhanden sind, bevor das Unternehmen mit der Sanierung beginnen darf. Jetzt muss das Bauunternehmen selbst feststellen, ob und in welchem Ausmaß Asbest im Gebäude vorhanden ist.

Für das Unternehmen stellt dies ein großes Problem dar: Es hat weder die notwendigen Fachkenntnisse noch die technische Ausrüstung, um eine Asbestprüfung durchzuführen. Wenn das Unternehmen ohne ausreichende Analyse mit den Arbeiten beginnt, könnte es versehentlich Asbest freisetzen und die Gesundheit der Angestellten und anderer Beteiligter gefährden. Der wirtschaftliche Druck, die Arbeiten fortzuführen, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einige Unternehmen dazu verleiten, etwaig vorhandene Risiken gar nicht erst festzustellen oder aber zu ignorieren, was langfristig zu erheblichen Schäden führen kann – sowohl in Bezug auf die Gesundheit als auch rechtlich​.

 

Kritik und Bedenken der Bauwirtschaft

Die Bauwirtschaft und Gewerkschaften haben schnell reagiert und ihre Bedenken zur Streichung der Erkundungspflicht geäußert. Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB), kritisiert die neue Regelung scharf. Seiner Meinung nach ist es unrealistisch, von Bauunternehmen zu erwarten, dass sie ohne die nötigen Ressourcen eine professionelle Gefahrstoffprüfung durchführen können. Besonders kleine und mittlere Unternehmen könnten hier vor erhebliche Probleme gestellt werden.

Gewerkschaften, wie die IG Bau, äußern sich ebenfalls besorgt. Sie bezeichnen die Verordnung als „Skandal“, da sie die Gesundheit der Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter einem unnötigen Risiko aussetzt. Ohne eine klare Erkundungspflicht könnte die Zahl der Erkrankungen aufgrund von Asbestexposition in den kommenden Jahrzehnten deutlich steigen. Dies ist besonders brisant, da asbestbedingte Krankheiten oft erst nach vielen Jahren auftreten und dann nur schwer behandelt werden können​.

Langfristige Folgen für den Arbeitsschutz

Die Auswirkungen der neuen Gefahrstoffverordnung auf den Arbeitsschutz könnten langfristig gravierend sein. Ohne eine verpflichtende Erkundungspflicht und klare Verantwortlichkeiten steigt das Risiko, dass Angestellte in Baubetrieben unwissentlich mit gefährlichen Stoffen wie Asbest in Kontakt kommen. Langfristig könnte dies zu einer Zunahme schwerer Erkrankungen und sogar Todesfälle führen. Zudem führt die Verordnung zu einer weiteren Verlagerung der Verantwortung auf Unternehmen, die oft weder finanziell noch technisch in der Lage sind, eine umfassende Gefahrstoffprüfung durchzuführen. Dies wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass Unternehmen vermehrt in Schulungen und Ausrüstung investieren müssen, um die neuen Vorschriften erfüllen zu können. Doch gerade kleinere Unternehmen werden es schwer haben, diese zusätzlichen Belastungen zu schultern​.

 

Fazit: Ein kritischer Rückschritt im Arbeitsschutz?

Der Artikel zeigt die Gründe auf, weshalb die Änderungen der Gefahrstoffverordnung in der Bauwirtschaft überwiegend kritisch gesehen werden. Viele Expertinnen und Experten aus der Baubranche und Gewerkschaften fordern nun eine Nachbesserung der Verordnung, um den Arbeitsschutz wieder in den Fokus zu rücken. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die kritischen Stimmen gehört werden und eine Lösung gefunden wird, die sowohl die Interessen der Bauunternehmen als auch die Gesundheit der Menschen berücksichtigt.

 

FAQS

Was ändert sich durch die Gefahrstoffverordnung 2024?
Die neue Gefahrstoffverordnung verlagert die Verantwortung für die Prüfung auf Asbest von den Bauherren auf die Bauunternehmen. Diese müssen nun selbst sicherstellen, dass keine Gefahrstoffe wie Asbest auf der Baustelle vorhanden sind​.

 

Warum ist die Streichung der Erkundungspflicht problematisch?
Die Streichung der Erkundungspflicht wird von Expertinnen und Gewerkschaften kritisiert, da Bauunternehmen oft nicht über die notwendigen Mittel und Fachkenntnisse verfügen, um Asbest korrekt zu identifizieren. Dies könnte die Gesundheit von Bauarbeiterinnen gefährden.


Welche gesundheitlichen Risiken sind mit Asbest verbunden?
Asbestfasern können bei Freisetzung schwere Erkrankungen wie Lungenkrebs oder Mesotheliom verursachen. Die Streichung der Erkundungspflicht erhöht das Risiko, dass Bauarbeiter*innen unwissentlich mit Asbest in Kontakt kommen.

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